Nicole Westig

Gefahr einer weiteren Radikalisierung

In der Debatte um ein Parteiverbot der AfD positioniert sich Nicole Westig, Bundestagsabgeordnete aus Bad Honnef und stellv. Landesvorsitzende der FDP NRW, gegen ein Verbotsverfahren.

Lesen Sie hier die Position im Wortlaut:

Ich erlebe die AfD seit 2017 im Deutschen Bundestag und halte sie für eine Partei, die die üblichen Regeln einer demokratischen Kultur verletzt. Deshalb erhalten ihre Repräsentanten auch nie meine Stimme für parlamentarische Ämter wie Ausschussvorsitzende oder gar Bundestagsvizepräsidenten.

Allerdings halte ich es nicht für klug, ein AfD-Verbotsverfahren anzustrengen. Denn die AfD hat in einigen Regionen Deutschlands mittlerweile eine starke Wählerschaft, und ein Verbot könnte bei den Anhängern der Partei das Gefühl verfestigen, dass ihre politischen Ansichten keinen Platz in unserem demokratischen System haben. Die Gefahr einer weiteren Radikalisierung ist somit nicht von der Hand zu weisen.

Zudem sind die rechtlichen Hürden für ein Parteiverbot in Deutschland äußerst hoch – und das aus guten Gründen. Ein erfolgloser Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht könnte der AfD indirekt eine verfassungsrechtliche und politische Legitimation verschaffen, die sie voraussichtlich politisch auszuschlachten wüsste. Dies würde der AfD womöglich eher nützen als schaden, da sie die Gerichtsentscheidung als Bestätigung ihrer Verfassungstreue präsentieren könnte.

Letztlich bleibt der Weg der inhaltlichen Auseinandersetzung. Die demokratischen Parteien müssen stärker darin werden, die Positionen der AfD fundiert zu widerlegen und ihren eigenen Wählerinnen und Wählern die Vorzüge demokratischer Werte aufzuzeigen. Ein Verbotsantrag würde diese Herausforderung nicht lösen, sondern könnte als Zeichen von Ratlosigkeit aufgefasst werden. Wir müssen uns der AfD politisch stellen.

Abschließend möchte ich jedoch auch betonen, dass meine Einschätzung auf der aktuellen Situation in Deutschland basiert. Sollte sich diese Lage in eine Richtung verändern, wobei sich der Verdacht einer Gefährdung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und somit des friedlichen Zusammenlebens in Deutschland durch die AfD verhärtet – die erste konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags ist ein trauriges Beispiel dafür – muss über ein entsprechendes Verbotsverfahren neu nachgedacht werden.